Erlenwäldchen Observatorium OWL
Erlenwäldchen Observatorium OWL

Pretty Pictures

könnte man etwas bösartig das nennen, was und wie ich fotografiere - "nette Bildchen" ohne wissenschaftlichen Wert. Für mich sind sie eher Schlüssel in neue Räume, Räume die uns verborgen oder gar verschlossen bleiben, wenn wir uns mit der Alltagswahrnehmung begnügen.

Ich werde manchmal gefragt "Sieht das wirklich so aus, da oben" und "Wie weit ist das weg?" Ich bin noch nie gefragt worden "Wie lange ist das her?". Die erste Frage lässt sich interessanterweise nicht mit Ja oder Nein beantworten. Die Beschäftigung mit der Antrwort auf die dritte Frage führt uns direkt über die Grenze der Alltagswahrnehmung in die nahezu unheimlichen Gebiete der Releativitätstheorie und in das Begreifen der "Andersartigkeit" unseres Universums. Aber der Reihe nach.

Um zu verstehen, was da auf diesen Bildern wirklich zu sehen ist, was einer Ästhetik geschuldeten "Fälschung" und was "Echt" ist muss man verstehen, wie unsere Sinneswahrnehmung funktioniert, wie unser Zeitgefühl arbeitet und "was da draußen ist". Es gibt fundierte einschlägige Literatur dazu - hier unternehme ich den Versuch, wirklich komplexe Sachverhalte so vereinfacht zu beschreiben, dass sie nicht falsch werden:-)

Sieht das wirklich so aus?

Wenn wir ein Foto betrachten, das etwas uns Bekanntes, etwa einen Strand am Meer zeigt, können wir sofort beurteilen, ob das "echt" ist oder "irgendwie verfälscht", denn Fotoapparate sind darauf ausgelegt, möglichst genau das wiederzugeben, was unsere Augen sehen.

Wir sehen einen winzig kleinen Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Wellen - eine Welle mit einer Länge von 650nm nennen wir "Rot", eine 450nm Welle erscheint uns Blau. Wellen außerhalb dieser Bereiche sehen wir nicht, können einige davon jedoch mit unseren Sinnen noch erfassen, etwa die Wärmestrahlung.

Ein "normales Photo" bildet den uns sichtbaren Wellenbereich genau wie das Auge von Tiefblau über Grün und Gelb bis Rot ab.

In der Deep Sky Fotografie ist das meist anders - da wird schon mal Tiefrot als Grün oder Weiß dargestellt, die Primärfarben werden munter vertauscht und über Gradationskurven die Helligkeitsverläufe arg verbogen. Warum tun wir solche merkwürdigen Dinge? Dazu muss man wissen, was es "da draußen" gibt und woraus es besteht.

Was es in unserem Universum "zu sehen" gibt

Seit der Entdeckung der Dunklen Materie und Dunklen Energie gehen wir davon aus, dass wir weniger als 10% der Energie und/oder Materie unseres Universums mit heutigen Instrumenten erfassen können (Wikki weiß natürlich genau Bescheid https://de.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Materie ).

Für unser Thema ist zunächst wichtig zu wissen, was "erfassen" bedeutet. Wir erfassen etwas mit unseren Sinnen oder Instrumenten, wenn es eine Wechselwirkung gibt - das Auftreffen eines Photons auf die Retina unseres Auges führt zur molekularen Umstrukturierung, die unser Hirn als Reiz interpretiert. Wenn ein Photon auf den Chip einer Digitalkamera fällt, setzt es Elektronen frei und Gravitation nehmen wir als Gewicht wahr. Nur noch instrumental, nicht sinnlich, sind Gravitationswellen oder ferne Graviataitonsfelder erfassbar.

Mit der Beschränkung auf das, was wir mit heutigen Instrumenten aufgrund von Wechselwirkungsvorgängen erfassen können, gibt es da draußen: Gravitation, jede Menge elektromagnetischer Strahlung, subatomare Teilchen, Atome, Moleküle, Staub, Planeten, Sonnen, Galaxien, Galaxiencluster, ...(Liste unvollständig....)

Das meiste davon kann man auf astronomischen Aufnahmen sichtbar machen, selbst Gravitationsfelder verraten sich durch Verzerrungen und Linseneffekte.

 

Erweiterung unserer sinnlichen Wahrnehmung

Wenn wir dieses breite Spektrum an Strahlung und Materie unseren eingeschränkten Sinnen zugänglich machen wollen, dann müssen wir Tricks anwenden. Sterne verbergen sich hinter dichten Staubwolken und verraten sich z.B. durch unsichtbare, aber messbare Wärmestrahlung - also machen wir diese Wärmestrahlung sichtbar indem wir sie etwa "Rot" darstellen. Kennt jeder aus den Wärmebild-Kameras. Wenn wir sehr zart leuchtende Gase sichtbar machen wollen, dann müssen wir die Bildhelligkeit in den dunklen Bereichen stark anheben und in den hellen Bereichen absenken - oder besser gleich mit sehr selektiven Filtern arbeiten.

Wir entdecken mit unseren Sinnen das Universum, indem wir Messwerte so transformieren, dass wir sie sehen können. Meine Faszination liegt genau darin: Erweiterung der sinnlichen Wahrnehmung, nicht-sichtbares sichtbar machen und überall Ästhetik und Erkenntnis, zumindest Erahnen zu endecken.

Hier habe ich einmal gezeigt, wie man ein Farbbild eines deep-sky Objektes so korrigieren kann, dass es möglichst "echt" aussieht: Farbkorrektur

Druckversion | Sitemap
© Andreas Koke 2017-2023