Erlenwäldchen Observatorium OWL
Erlenwäldchen Observatorium OWL

Autonome Allsky Kamera

Ich habe immer mal wieder in einigen Nächten Zeitraffer-Filme mit einer ASI 178MC und dem mitgelieferten Weitwinkle-Objektiv gemacht, um den einen oder anderen Meteoriten einzufangen. Oftmals blieben diese Gigabyte-großen Filme dann lange liegen, denn das Durchsehen ereignisloser Filmchen ist keine wirklich spannende Angelegenheit.

Mit dem Bau einer autonom arbeitenden Allsky Kamera wollte ich einen effektiveren Weg gehen.

Die Entwurfsziele waren recht einfach

- Vollautomatischer Betrieb, d.h. ab nautischer Dämmerung werden Bilderserien bis zum nächsten Morgen gemacht

- Aus den Daten müssen Übersichten generiert werden, die auf einen Blick zeigen, ob irgendetwas "Interessantes" passiert ist

- Im vollautomatischen Betrieb fällt jede Menge Datenschrott (Wolken, Regen, Schnee) an. Diese Bilder sollen gar nicht erst zur Begutachtung vorgelegt werden.

Nach einigen Wochen war dann der Prototyp fertig und ist seit Anfang Januar im Dauerbetrieb, noch provisorisch neben dem Observatorium befestigt. Durch die Hanglage und den rückwärtigen Bereich erfasst das System momentan bestenfalls 60% des Himmels.

Wenn alles weiterhin zuverlässig arbeitet und ich problemlos Softwareupdates etc. ohne Eingriffe am Geräte  durchführen kann, möchte ich die Kamera auf das Hausdach umziehen und über Solarpanel versorgen.

Glückstreffer! Gleich bei der ersten probeweisen Inbetriebnahme am 24.11.2020 fing ich um 00h10m30s MEZ diesen schönen kräftigen Meteoriten ein.

Hardware

Bei Astronomie.de fand ich eine Super Anleitung für ein gut durchdachtes System: Allsky DIY das ich als Basis verwendet und mit einigen wenigen Modifikationen umgesetzt habe.

 

1. Acryl-Kuppel /  Dichtung

Der erste Prototyp, bei dem ich die Acrylglaskuppel direkt auf den Muffenstopfen befestigt habe, versagte gleich in der ersten Regennacht mit "Wassereinbruch". Ich habe eine dichtung aus 2mm Moosgummi zurechtgeschnitten und zwischen Kuppel und Stopfen plaziert und im Gehäuse selbst vier Säckchen Silikagel plaziert. Damit blieb das Innere bisher auch bei heftigen Regen- und Schneefällen absolut trocken.

 

2. Betauung

Ich bin davon ausgegangen, dass die Abwärme der CPU und der Kamera eine Betauung verhindern. Das stimmt nur, wenn man zwischen Kamera und Bohrung einen umlaufenden Spalt von ca. 4mm läßt. Die Kamra ist rückseitig nun mit 5mm Abstandshaltern montiert. CPU und Kamera produzieren ausreichend Wärme (nach meinen Messungen ca. 15...20 Watt, je nach Betriebszustand) um den Einbau einer Heizung überflüssig zu machen. Selbst bei Schnee hatte ich keine Betauung mehr.

 

3. Rechner

Ich habe den RasPi durch einen Intel Einplatinenrechner mit W10 ersetzt, da ich relativ wenig Unix Erfahrung habe und einen Teil der Automatisierungs-Software selbst schreiben wollte. Der Rechner kostet um die 80€ und bringt alle notwendigen Komponnenten wie WLAN, USB3.0. Hauptspeicher 4GB und 60GB Flash sind absolut ausreichend für das Betriebssystem und die Aufnahme- und Steuerungs-Software.

 

4. Kamera

Als Kamera verwende ich die ASI178MC und das mitgelieferte Weitwinkel-Objektiv. Das Objektiv ist sicherlich nicht von höchster Qualität, aber zunächst ausreichend.

 

5. Anbindung

Das System wir mit 12V aus dem Observatorium versorgt und ist über WLAN ans Hausnetz angebunden.

 

Über einen Alu-Winkel wird die Kamera gegen den Deckel gedrückt, wobei 4 Abstandshalter zwischen Kamera und Deckel den umlaufenden Lüftungs-Schlitz bilden.

Der Alu-Winkel trägt gleichzeitig den kleinen Rechner. Rechts oben ist die WLAN Antenne zu sehen, die leider wenig Leistung bringt. Ich habe sie von der Platine gelöst und vertikal positioniert, damit war die WLAN Verbindung dann deutlich besser.

Hier sieht man die Kamera mit umlaufendem Lüftungs-Schlitz und die Acrylglas-Kuppel, noch ohne Dichtung aus Moosgummi.

 

Software

1. Betriebssystem

Als Betriebssystem arbeitet ein W10 Professional, welches ich bald möglichst durch die sog. LTSC Variante ersetzen werde. LTSC kommt mit deutlich weniger Schnikschnak und hat keine Zwangs-Update Mechanismen.

 

2. Bilderfassung

Zur Bilderfassung verwende ich SharpCap 3.2. SharpCap ist ein recht mächtiges Werkezeug, welches für diese Zwecke eigentlich überdimensioniert ist. Zur Zeit untersuche ich, ob ich die ZWO/ASI Kameras auch direkt über das ZWO SDK ansteuern kann.

SharpCap ist für die Erfassung von Einzelaufnahmen im JPG Format konfiguriert.

 

3. Steuerung und Vorauswertung

Die Steuerungs-Software übernimmt zwei Funktionen: Steuerung der Bilderfassung und Datenaufbereitung.

Die Bilderfassung über SharpCap wird nach Sonnenuntergang (nautische Dämmerung) angestoßen und in der Morgendämmerung beendet. Einige Erfassungsparameter wie Belichtungszeit und Gain können vorgegeben werden.

Die Datenaufbereitung bewertet jedes aufgenommene Bild grob nach Bewölkungsgrad, Über/Unterbelichtung und Zaghl erfasster Sterne. Jedes Bild wird für den Aufbau eines Keograms verwendet. Bilder niedriger Qualität (keine Sterne, über/unterbelichtet) werden verworfen. Aus den restlichen Bildern wird dann ein Sternspur-Bild ("Startrails") zusammengesetzt. Zu einstellbaren Zeiten werden die Daten ins Hausnetz übertragen. Da pro Nacht schon mal ein Gigabyte zusammenkommen kann, werden Bilder, die älter als n Tage sind automatisch gelöscht

Keogramm vom 24.11.2020. Aus jedem Einzelbild werden zwei Spalten aus der Bildmitte extrahiert und dme Keogramm hinzugefügt. So erhält man eine gute Übersicht der Witterung. Hier war es bis etwa Mitternacht dunstig, dann klarte es bis zur Morgendämmerung auf.

Sternspuren vom 24.11.2020: Schön sichtbar der Meteorit und natürlich die pblichen Flugzeugspuren.

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